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Senioren OnLine. Projekt "Neue Angebotsformen" |
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Hinweise zum Betrieb eines Internet-Café für Senioren
(Erstveröffentlichung: Forum Seniorenarbeit (Rubrik Medien),www.forum-seniorenarbeit.de)
Jutta Stratmann, Projektmanagement Seniorenpolitik NRW, DortmundDie vorliegenden Thesen sind das Ergebnis der Auswertung von ca. 70 Einzelberichten von Internet-Cafés in NRW, einer Institutionenbefragung aus dem Jahre 2001 und fünf qualitativen Interviews mit Verantwortlichen in Senioren-Internet-Cafés sowie einem Experteninterview. Sie dienen als Grundlage das eigene Angebot zu hinterfragen und mit anderen zu vergleichen. Es werden Thesen zur
- Nutzerstruktur,
- Organisationsform und Vernetzung,
- Öffentlichkeitsarbeit,
- Interner Angebotsstruktur,
- Personellen Voraussetzungen und didaktischem Konzept,
- technischen und räumlichen Bedingungen,
- Finanzierung und
- Bedarfe
aufgestellt.
Anschließend werden hieraus Erfolgsfaktoren abgeleitet.
Thesen
Nutzerstruktur
Die Nutzung der Internetcafés ist vielerorts eher mittelschichtsorientiert. Es gibt aber auch eine Reihe von Beispielen, in denen gerade sozial benachteiligte Gruppen erreicht werden.
Unter den Nutzern sind in höherem Maße Frauen zu finden, wenn auch im Vergleich zu sonstigen Seniorenangeboten eher unterdurchschnittlich. Die Anleiter sind vorwiegend Männer.
An allen Standorten wird betont, dass Frauen andere Zugangsweisen zum Internet haben als Männer, die es noch durch entsprechende Angebote zu intensivieren gilt.
Ältere Migrantinnen und Migranten werden kaum erreicht. Hier sind die vorhandenen Möglichkeiten sicher noch nicht ausgeschöpft worden.
Intergenerative Projekte finden eher selten Anklang oder finden nur einmalig statt.
Organisationsform und Vernetzung
Die Anbindungsform an eine Begegnungsstätte oder ein Gemeindehaus bzw. Kirchengemeinde ist am erfolgversprechendsten.
Als eine der wesentlichsten Erfolgsfaktoren können die Einbindung des Internetcafés in ein breites Netzwerk sowie der Grad der Öffnung der Gesamteinrichtung nach außen identifiziert werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Eine effektive Öffentlichkeitsarbeit und Mund-zu-Mund-Propaganda sind bedeutende Motivationsfaktoren zur Inanspruchnahme.
Interne Angebotsstruktur
Die Möglichkeit zur Kommunikation durch verschiedene Rahmenbedingungen (bspw. Kaffeetrinken, Gesprächsmöglichkeiten etc.) ist als ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor zu benennen.
Themenspezifische Angebote (Stadtteilarbeit, biografisches Arbeiten, Geschichtswerkstatt, Gesundheit etc.), die sich auch aus den eigenen Interessen heraus bilden können, werden intensiv genutzt und binden Nutzer.
Gleichzeitig ist aber auch festzustellen, dass zielgruppenspezifische Angebote bzw. Konzepte in den meisten Internetcafés fehlen.
Kursangebote sind zumeist auf Einsteiger zugeschnitten, die nach Beendigung der Kurse wegbleiben. Folgeangebote fehlen bisher an vielen Orten. Das offene Angebot wird an vielen Orten nicht angenommen, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Internet findet kaum statt.
Internetstammtische, die im regelmäßigem Turnus stattfinden und aktuelle Probleme im Umgang mit dem Internet thematisieren, werden – wo vorhanden – gut angenommen.
Personelle Voraussetzungen und didaktisches Konzept
Eine hauptamtliche Struktur von außen, die das Konzept entwickelt und begleitet, ist förderlich für die Einbettung in das gesamte Angebot für Seniorinnen und Senioren sowie eine kontinuierliche Anpassung an die Bedürfnisse vor Ort.
Eine hauptamtliche Begleitung auf Honorarbasis oder durch Fremdfinanzierung (ABM/ASS) ist auf Dauer zu kostenintensiv, eine Kontinuität in der Begleitung ist aber unbedingt erforderlich.
Das Engagement und die Kompetenzen der auf freiwilliger Basis arbeitenden Begleiter stellen wesentliche Erfolgsfaktoren der Inanspruchnahme dar. Hierzu sind aber auch weitere informelle Qualifikationen erforderlich.
Das eingesetzte Schulungsmaterial wird vor Ort oftmals selbst erstellt.
Technische und räumliche Bedingungen
Die räumlichen Bedingungen bzw. deren Erreichbarkeit sind in einigen Fällen nicht optimal. Fehlende Barrierefreiheit erschwert insbesondere Älteren mit Gehbehinderungen den Zugang.
Die technische Einrichtung vieler Internetcafés war mit erheblichen Problemen verbunden, die eine zeitliche Verzögerung der Eröffnung aber auch zu Beginn nicht absehbare Kosten nach sich gezogen haben.
Finanzierung
Die bestehende und zukünftige Kostenintensität (technische Beratung, didaktisches Personal, Ersatzanschaffungen) stellt viele Internetcafés in den nächsten Jahren vor Existenzprobleme.
Bedarfe
Der Bedarf an vor-Ort-Beratung ist erheblich (nicht nur bezogen auf technische Probleme, sondern vor allem hinsichtlich der Ansprache spezifischer Zielgruppen, Durchführung besonderer Angebote, didaktische Fortbildungen etc.).
Erfolgsfaktoren
Als positive Bedingungen zum Gelingen eines Internetcafés für Seniorinnen und Senioren können angeführt werden:
- breites Angebotsspektrum,
- hoher Bekanntheitsgrad der Einrichtung,
- tatsächliche Öffnung gegenüber den verschiedenen Zielgruppen,
- Einbindung in ein örtliches Netzwerk, insbesondere trägerübergreifend,
- räumliche Attraktivität und Erreichbarkeit,
- Öffnungszeiten,
- kontinuierliche und kompetente Ansprechperson,
- eins zu eins Betreuung,
- angepasste Didaktik,
- Berücksichtigung der kommunikativen Aspekte („Wohlfühlen in der Gruppe, gegenseitiges Lernen, Möglichkeit zum Plausch und Kaffeetrinken“),
- Akzeptanz der mitgebrachten und erworbenen Kompetenzen,
- keine Verpflichtung zu langfristigen Kursen.
In den Gesprächen tauchten immer wieder Fragen auf nach „best-practice-Modellen“, (Geschichtswerkstatt, Frauenprojekten, Vernetzung mit anderen Organisationen, um weitere Zielgruppen ansprechen zu können). Zumeist fehlt es an personellen Kapazitäten, um vorhandene Potentiale weiter zu qualifizieren und einzusetzen.
www.sol-dw.de | Bearbeitung durch Michael Mruczek |